Von Werten und Wegen
Ein Miteinander auf Augenhöhe

Dieser Text ist ein kleines Wunder. Denn eigentlich sollte es ihn – ginge es nach Richard und Dagmar Waldinger – nicht geben. Sich selbst und das eigene Tun in den Vordergrund zu rücken, entspricht so gar nicht der Art des Unternehmerpaares: Dafür ist ihnen ihr Team und das „Wir“ viel zu wichtig. Lieber hätten sie an dieser Stelle einen Beitrag über ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter platziert oder über neue Arbeitsmodelle gesprochen. Anliegen, für die sie leidenschaftlich brennen.

Doch am Ende ließen sie sich überzeugen, denn ihre Geschichte ist es unbestritten wert, erzählt zu werden. Sie ist geprägt von Erfahrungen, die die beiden als Paar, als Eltern von zwei Kindern und als Unternehmer gemacht haben. Dass dieser Weg nicht immer leicht war, kann vorweggenommen werden. Dass dieser Weg aber auch eine Inspiration für andere sein kann und zu erstaunlichen Ergebnissen geführt hat, ebenso.

Wer das Firmengebäude von Sano in Grafenwald nahe Landshut betritt, erkennt diese Ergebnisse sofort. Mitten auf der grünen Wiese und immer noch an seinem Ort der Gründung, hat das mittlerweile weltweit tätige Unternehmen seinen Hauptsitz. Während draußen der spätsommerliche Wind durch das Maisfeld raschelt, herrscht drinnen eine entspannte Wohlfühl-Atmosphäre: Helle, lichtdurchflutete Büros und modern ausgestattete Besprechungsräume, eine Begegnungsfläche mit Schaukeln und flexiblen Arbeitsplätzen, Sofas, Bücherregale und sogar ein Kinderbettchen zeugen davon, dass man hier viel Wert auf die individuellen Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern legt. An der zentralen Bar trifft man sich zum Arbeiten, auf einen Kaffee zwischendurch und zum Feiern: Sie ist ein Ort, an dem Wertschätzung entsteht.

Dagmar und Richard Waldinger stehen im 1. Stock bei den Schaukeln

 

 

„Richard und ich haben das Unternehmen zwischen 2003 und 2012 schrittweise von Richards Eltern übernommen und mit dem Generationswechsel kam es auch zu einem Wendepunkt in unserer Ausrichtung. Wir wollten für uns festlegen, wie sich Sano zukünftig anfühlen soll. Wir haben uns Fragen gestellt, etwa wie Entscheidungen zukünftig getroffen werden sollen und wie wir Familie und Unternehmen in Einklang bringen können. Was trauen wir uns zu und wie können wir diese Vorstellungen miteinander aufbauen und umsetzen?“

Dagmar Waldinger
Dagmar Waldinger

Geschäftsführerin Sano

ist seit 35 Jahren Teil von Sano und kennt das Unternehmen in- und auswendig. Sie widmet sich bei Sano intensiv der Organisationsentwicklung und dem Change Management.

Könnerschaften statt Hierarchien

Seither hat sich das Paar der Entwicklung der eigenen Unternehmenskultur gewidmet: Das Ergebnis ist ein sinnstiftendes Miteinander auf Augenhöhe, bei dem größter Wert auf Ganzheitlichkeit und Bedürfnisorientierung gelegt wird. Es gibt selbstorganisierte Teams und bereichs- und länderübergreifende Projektgruppen. Was es hingegen nicht gibt, sind Entscheidungen, die in der Pyramide getroffen werden. Bei Sano geht man in die Könnerschaft.

Könnerschaft ist ein Wort, das im Gespräch immer wieder fällt und das bei Sano durch und durch gelebt wird.

 

 

 

 

„Wir haben uns bewusst für diese Art der Unternehmensführung entschieden, weil wir jeden Einzelnen befähigen möchten. Ich bin davon überzeugt, dass ich in keinem Bereich besser bin als ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin, die in einem speziellen Fachgebiet zu Hause ist, die studiert und Erfahrungen gesammelt hat, über die ich nicht verfüge. Ich kann mir nicht anmaßen zu sagen, ich weiß es besser und deshalb bin ich derjenige, der die Entscheidungen fällt.“

Richard Waldinger
Richard Waldinger

Geschäftsführer Sano

verfügt über die Fähigkeit und die Erfahrung, Zusammenhänge zu erkennen, und weiß, wann es Zeit ist, zu handeln und sich detailliert einzubringen. Bis dahin bleibt er lieber im Hintergrund, vertraut auf die Könnerschaften im Team, auf Projektgruppen und auf sein Bauchgefühl - sein wichtigstes Entscheidungsinstrument. Und er bringt sich als Ideen- und Impulsgeber bei Projekten ein, die er jedoch nicht leitet. Er hat sich mittlerweile größtenteils vom Tagesgeschäft freigespielt.

Kein leichter Weg

Und das war bei weitem kein leichter Weg. Das bestätigt auch Dagmar Waldinger, die bereits als 16-Jährige ins Unternehmen gekommen ist und die hier ihre Lehre zur Industriekauffrau sowie umfassende Aus- und Weiterbildungen absolviert hat. Eigentlich wollte sie nur 30 Monate bleiben, mittlerweile sind es 35 Jahre geworden. Sie kennt Sano in- und auswendig und das von allen Seiten:

„Aus meiner eigenen Geschichte heraus war es mir ein tiefes Bedürfnis, Arbeitsplätze zu schaffen und zu gestalten, die Menschen Freiräume bieten und an denen sich jeder einzelne als Ganzes einbringen und selbstbestimmt entfalten kann. Sano soll wie eine Heimat sein, in der man sich weiterentwickeln kann und wo man Wertschätzung und Bereicherung erfährt. Das ist ein Anliegen, das mich Tag für Tag umtreibt und das immer wieder zu neuen Impulsen führt, die wir von innen heraus anstoßen, entwickeln und leben.“

Klare Werte als Basis der Zusammenarbeit

Wie aber kann es gelingen, mit einem so außergewöhnlichen Führungsstil in die Top-Liga aufzusteigen? Wie kann es funktionieren, mit sprichwörtlich lockeren Zügeln ein Unternehmen erfolgreich, visionär und innovativ zu führen? Sano beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen weltweit und bedient mit 26 eigenen Unternehmen und zehn Produktionsstandorten über 35 Länder, darunter China, Chile, Mexiko und Südafrika.

Sano gilt als Top Player der internationalen Futtermittelbranche für Rinder- und Schweinehaltung. Noch 1989 war es „ein niederbayerisches Unternehmen ohne größere Marktbedeutung außerhalb Süddeutschlands“, so Richard Waldinger. Doch schon die Folgejahre brachten den unternehmerischen Durchbruch, in denen Richard Waldingers Eltern viel Mut bewiesen und die politische Osterweiterung Europas als Chance sahen und diese beim Schopf packten.

Wie also gelingt dieser Weg? Das Gespräch mit dem Unternehmerpaar offenbart erstaunliche Einblicke. Bei Sano herrschen Werte vor, die die Tradition mit dem Zeitgemäßen verbinden: Man setzt auf Mut und Leistungsbereitschaft und rückt zugleich Ganzheitlichkeit, Wertschätzung und Freundschaft in den Fokus. Diesen Werten begegnet man im Unternehmen auf Schritt und Tritt: In Großbuchstaben an den Wänden, vor allem aber im täglichen Tun.

 

 

 

 

„Wir vertrauen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass sie in ihrer Rolle und Aufgabe im Hinblick auf Ganzheitlichkeit über den Tellerrand hinausdenken und ihr Bestes geben.“

Dagmar und Richard Waldinger
Das Unternehmerpaar

hat sich über die Jahrzehnte eine eigene Welt mit den ihm wichtigen Wertvorstellungen geschaffen. Und es lädt alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu ein, selbst mitzugestalten, in Wirkungskreisläufen zu denken, Entscheidungen in unternehmerischer Freiheit zu treffen und die Verantwortung dafür zu übernehmen.

Führung bedeutet Begleitung

Von 2016 bis 2023 konnten im Rahmen eines Projektes Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sogenannten Sano-Wertebotschafter:innen werden, um Kultur, Arbeitsweisen und Prinzipien zu entwickeln und voranzutreiben. Dagmar Waldinger lebt diesen Wandel, sie befindet sich mittendrin und stößt ihn immer wieder in allen Bereichen an:

„Ich verstehe Führung als intensive persönliche Begleitung von Menschen. Wir schaffen ein vertrauensvolles Umfeld, in dem sich jeder mit seinen Bedürfnissen artikulieren kann. Die Zahlen zeigen, dass das der richtige Weg ist: Wenn man den Menschen in den Fokus rückt, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestalten können, führt das zum Erfolg.“

Die beiden leugnen nicht, dass es ein herausfordernder Weg ist, aber unterm Strich ist es ein Weg, der sinnstiftend ist – und zwar für alle Beteiligten. Da werden die Mitarbeiter:innen genauso mitgedacht wie Kund:innen, Landwirt:innen und Partner:innen weltweit.

Dagmar und Richard Waldinger stehen im Garten
Richard Waldinger zum MyDairyS Launch
„Sano wurde mit diesem Schritt in Richtung Digitalisierung zum Software-Entwickler und hat in diesem Zuge ein IT-Unternehmen in die Sano Unternehmensgruppe aufgenommen. Wir sind davon überzeugt, dass die Bündelung und Auswertung von Daten, die in unterschiedlichen Systemen eines landwirtschaftlichen Betriebes gesammelt werden, die gesamte Branche revolutionieren und zum Positiven hin verbessern werden."

Ein Futtermittelhersteller wird zum Softwareentwickler

Nach den Unternehmenszielen gefragt, schüttelt Richard Waldinger den Kopf: „Natürlich gibt es auch Ziele, aber ich würde eher von einem Unternehmenssinn sprechen. Und der Sinn besteht für uns darin, in den Bereichen Tierernährung, Tiergesundheit und Tierwohl die Landwirtschaft zum Wohle der Menschen, der Tiere und der Natur täglich ein Stück besser zu machen. Das ist das, wofür wir jeden Tag aufstehen.“

Richard Waldinger, der mehr oder weniger auf den großelterlichen Bauernhöfen aufgewachsen ist, hat einen engen Bezug zur Landwirtschaft: „Für mich gab es von klein auf nur Sano. Als meine Eltern das Unternehmen gründeten, war ich als Fünfjähriger mit beim Notar. Schon als Jugendlicher habe ich in der Produktion mitgearbeitet. Ich habe nicht einen Gedanken darauf verschwendet, dass ich beruflich etwas anderes machen könnte.“

Diese Leidenschaft ging nie verloren. Erst im Herbst 2024 konnte Sano MyDairyS launchen, eine Herden- und Fütterungscontrolling-Software, die Landwirte und Landwirtinnen dabei unterstützt, noch erfolgreicher und wirtschaftlicher zu arbeiten – und das im Einklang mit Tierwohl und Nachhaltigkeit.

Neue Geschäftsmodelle

Neue Geschäftsmodelle wie Internationalisierung und Digitalisierung, innovative Produkte, Fütterungs- und Beratungskonzepte, Sano Laboruntersuchungen, die Sano Agrar Institute sowie weitere Service- und Dienstleistungen sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Unternehmens und ergänzen die Produktpalette in idealer Weise.

Sano beschäftigt ein Business Intelligence Team mit Scouts, die international aktuelle Trends aufspüren und interdisziplinäre Ergebnisse aus der weltweiten Forschung und Entwicklung zusammentragen.

In den zwei unternehmenseigenen Sano Agrar Instituten in Ungarn werden Praxistests, Versuche und Studien zur Entwicklung neuer Produkte und Fütterungskonzepte für Rinder und Schweine durchgeführt. All das trägt zum Unternehmenssinn bei.

Es geht um ein sinnstiftendes "Wir"

Parallel zu den Herausforderungen des Marktes und vor dem Hintergrund eines umfassenden Strukturwandels in der Landwirtschaft, widmet sich Dagmar Waldinger intensiv der Unternehmenskultur im Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch sie hat einen persönlichen Bezug zur Landwirtschaft und weiß, dass die Unterschiede zwischen Agrarbetrieb und Futterhersteller gar nicht so groß sind:

„Es stellen sich hier wie dort die gleichen Fragen: Wie kann man die eigene begrenzte Zeit für Arbeit, Familie und Freizeit sowie unter schiedliche Rollen am besten in Einklang bringen? Wie kann jeder seine Meinung sagen und angstfrei seine Bedürfnisse artikulieren? Wie entsteht ein vertrauensvolles Miteinander?

Wir bei Sano verstehen uns als Lebens-Arbeitgeber: Wir schaffen Möglichkeiten für die unterschiedlichen Lebensphasen von Menschen. Sie können wählen, was am besten zu ihnen passt: Wollen sie vor Ort arbeiten oder woanders? Wollen sie ihr Kind zur Arbeit mitbringen oder brauchen sie einen Arbeitsplatz für ihren Partner bei uns im Haus? Möchte man auf Provisionsbasis arbeiten oder bevorzugt man ein Entlohnungssystem mit mehr Sicherheit? All das ist möglich und notwendig, um das bedürfnisorientierte „Wir“ zu leben.“

 

 

 

„Es geht uns darum, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Beruf mit ihrer Lebenszeit in Einklang bringen können. Wir möchten einen Arbeitsplatz schaffen, an dem die Unterscheidung zwischen Freizeit und Arbeitszeit nicht mehr besteht.“

Dagmar und Richard Waldinger

Auch das erste Sano Ferienhaus in Kroatien, das seit Herbst 2024 allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung steht, zahlt in dieses Bedürfnis ein: Hier können Urlaube mit der ganzen Familie verbracht werden. Ein länderübergreifendes Herzensprojekt, wie Dagmar Waldinger betont.

Wir sind alle hier, um Spuren zu hinterlassen

Es sind gesellschaftlich relevante Themen, die Dagmar und Richard Waldinger umtreiben. Und es sind vor allem eigene Lebenserfahrungen, die zu ihrer Firmenphilosophie und Unternehmenskultur geführt haben. Ein vorherrschendes Erlebnis dabei war der Generationenwechsel. Auch damit hat sich das Paar sowohl rückblickend als auch vorausschauend auseinandergesetzt.

„Eine Betriebsübergabe ist ein großer Einschnitt für die scheidende und für die neue Generation. Sie sollte niemals unbewusst und nebenbei oder nur auf dem Papier passieren“, fasst Richard Waldinger seine Erfahrung zusammen. Damit sie gelingt, muss sie genau definiert werden. Und jede:r Unternehmensnachfolger:in soll seinen eigenen Weg finden und Spuren hinterlassen.“

Für Dagmar Waldinger ein Gedanke, den man durchaus in größerem Zusammenhang verstehen kann: „Niemand sollte versuchen, in die Fußstapfen eines anderen zu treten. Jeder und jede Einzelne von uns sollte seine eigenen Spuren hinter lassen. Zu sich stehen, bei sich selbst bleiben, den eigenen Weg gehen und dennoch gemeinsam etwas Größeres schaffen, das wäre das Ziel.“

Bei Sano schafft man ein Umfeld, damit genau das gelingt.

Dagmar und Richard Waldinger laufen an einem Feldrand entlang
Gründe. Wachse. Lebe. – Ein Podcast mit Dagmar Waldinger

In dieser inspirierenden Podcastfolge spricht Dagmar Waldinger, Geschäftsführerin von Sano, über die Balance zwischen Familie und Karriere. Sie teilt ihre persönlichen Erfahrungen als Unternehmerin und Mutter und zeigt, wie bei Sano innovative Lösungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelebt werden.